Kopie der Patientenakte künftig unentgeltlich?

BGH, Beschl. v. 29.03.2022, VI ZR 1352/20

Bisherige Rechtslage

Patienten haben gem. § 630 g BGB einen Anspruch gegen den Arzt auf Einsichtnahme in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte. Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. § 630g BGB regelt in Abs. 2, S. 2 ausdrücklich, dass dem Behandelnden die Kosten dafür zu erstatten sind. Das entsprach der bisherigen Rechtsprechung vor Einführung dieser Vorschrift. Das Landgericht München I (z.B. Urt. v. 19.11.2008 - 9 O 5324/08) gestand dem Arzt € 0,50 pro DIN A4-Seite zu.

BGB vs. Datenschutz

Der BGH stellt die Pflicht zur Kostenerstattung in einem Beschluss vom 29.03.2022 (VI ZR 1352/20) infrage und legt die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Union vor. Hintergrund ist eine Regelung in der DS-GVO (Datenschutzgrundverordnung), wonach eine unentgeltliche Zurverfügungstellung einer Kopie der vom Verantwortlichen verarbeiteten personenbezogenen Daten geschuldet ist. In diesem Zusammenhang stellt der VI. Senat des Bundesgerichtshofs dem Gerichtshof der Europäischen Union mehrere Fragen zur Auslegung der DS-GVO.

Praxistipp

Wir werden an dieser Stelle berichten, wie der Gerichtshof der Europäischen Union entscheiden wird. Bis dahin empfehlen wir den Behandelnden, den Anspruch der Patienten auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen durch Übersendung von Abschriften auf Verlangen zu erfüllen, ohne dies von einer Kostenerstattung abhängig zu machen, da ansonsten kostenintensive, nicht vom Haftpflichtversicherungsschutz gedeckte Auskunftsklagen drohen.
 
Fundstelle: BGH, Beschl. v. 29.03.2022, VI ZR 1352/20

Datum

Rechtsgebiet Arzthaftungsrecht

Rindermarkt 3 und 4
80331 München

+49 89 18 94 43 0
info(at)tacke-koller.de