COVID-19: Keine Vorhaltepflicht (mehr)

Mit Eilrechtsbeschluss hat das VG Ansbach dem Rechtsschutzersuchen einer nach § 30 GewO zugelassenen Privatkrankenanstalt gegen den Freistaat Bayern stattgegeben.

Keine Vorhaltepflicht (mehr) für Privatklinikbetten und personelle sowie räumliche Kapazitäten zur Behandlung von COVID-19-Patienten

VG Ansbach, Beschluss vom 25.04.2020, Az. AN 18 S 20.00739

Die Privatklinik wandte sich gegen die Allgemeinverfügungen des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 19.03.2020 (Az.: G24-K9000-2020/125) sowie des Bayerischen Staatsministeriums des Innern und des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 24.03.2020 (Az.: D4-2484-2-7 und G24-K9000-2020/134), mit der sie verpflichtet wurde, alle planbaren Behandlungen bis auf weiteres zurückzustellen sowie ihre Kapazitäten in vollem Umfang für die stationäre Versorgung von COVID-19-Patienten zur Verfügung zu stellen. Dies führte nach Angaben der Antragstellerin dazu, dass 76% ihres Gesamtumsatzes entfielen und ihr dadurch eine wirtschaftliche Fortführung des Klinikbetriebes nicht mehr möglich war.

Das Gericht stellte in seinen Ausführungen auf die zum Zeitpunkt der Entscheidung zu beurteilende Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen ab. Dabei wog es die Entwicklung des Pandemiegeschehens in Bayern und Deutschland und die mit den Allgemeinverfügungen verbundenen Eingriffe in die Berufsfreiheit der Antragstellerin gegeneinander ab.

Den Fokus richtete es dabei auf die abflachende Zahl der Neuinfektionen und die gute Versorgungssituation in anderen Krankenhäusern, mit einer Auslastung von nur 50% der zur Verfügung stehenden Krankenhausbetten. Dem stünde, laut Gericht, eine unabänderliche Beeinträchtigung der Interessen der Antragstellerin gegenüber, deren wirtschaftliche Existenz bei Fortgeltung der Einschränkungen auf Dauer gefährdet erscheine. Rund 76% der Gesamteinnahmen bestreite die Antragstellerin aus stationären Klinikleistungen, die wiederum nahezu ausschließlich planbare Behandlungen betreffen. Da gerade planbare Behandlungen von den Allgemeinverfügungen umfasst seien, seien der Antragstellerin fast alle Einnahmen – ersatzlos – weggebrochen. Gleichzeitig werde die Antragstellerin durch ihre Verpflichtung, die Verfügbarkeit ihrer Kapazitäten für die stationäre Behandlung in vollem Umfang sicherzustellen und gegebenenfalls auszubauen, mit weiterhin anfallende Fixkosten belastet. Da die liquiden Eigenmittel inzwischen aufgebraucht seien, müssten die laufenden Kosten über die Aussetzung von Steuervorauszahlungen, den Einsatz von Privatmitteln, Darlehen und Soforthilfen vorübergehend sichergestellt werden. Ausgleichszahlungen aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds stünden ihr als Privatkrankenanstalt hingegen nicht zu. Auch das in Aussicht stellen solcher Ausgleichszahlungen durch den Antragsgegner ändere an der Einschätzung des Gerichts nichts, zumal der Beschluss abgeändert werden könne.

Demgegenüber betrachtete das Gericht die Beeinträchtigung der Interessen des Antragsgegners als weniger schwerwiegend; das Pandemiegeschehen entspanne sich, weitreichende Kapazitäten in anderen Krankenhäusern seien vorhanden. Selbst zur Zeit eines deutlich dramatischeren Pandemieverlaufs habe nicht auf die Kapazitäten der Antragstellerin zurückgegriffen werden müssen. Zudem könne die Antragstellerin mit ihren gerade mal sechs Betten auch nur einen untergeordneten Beitrag leisten. Zuletzt könne die Antragstellerin, aufgrund der kurzen Verweildauer ihrer stationären Patienten, ihre Kapazitäten bei einer etwaigen erneuten Verschärfung des Pandemiegeschehens kurzfristig zur Entlastung anderer Kliniken zur Verfügung stellen.

Das Aufrechterhalten der mit den streitgegenständlichen Allgemeinverfügungen getroffenen Anordnungen ist für die Antragstellerin daher unverhältnismäßig.

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Rechtsgebiet Krankenhausrecht

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